Friedrich Rückert - Rückert-Gymnasium Berlin

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Friedrich Rückert
  • geboren: 18. 5. 1788, gestorben: 31.1.1866
  • Professor der orientalischen Sprachen,
  • Dichter vaterländischer „Deutsche(r) Gedichte“, biedermeierlicher „Haus- und Jahrespoesie“ und persönliche Erlebnisse widerspiegelnder Trauer- und Liebeslyrik
  • Übersetzer und Nachdichter persisch-arabischer Dichtung

Die Literaturwissenschaft siedelt Rückert im „Umkreis der Romantik“ an und zitiert ihn gern als Zeitgenossen und Freund August Graf von Platens.

Die Tatsache, dass Rückerts Name in manchen Literaturgeschichten ganz fehlt, steht in bemerkenswertem Kontrast zu einer Äußerung Goethes über Rückert (von Eckermann aufgezeichnet):

„... von welchem Dichter er viel zu halten und die besten Erwartungen zu hegen scheint.“

Friedrich Rückert wurde in Schweinfurt geboren, wuchs in mehreren ländlichen Orten der fränkischen Umgebung auf und besuchte von 1802 bis 1805 das Gymnasium in Schweinfurt als Internatsschüler. Er galt als ausgesprochen fleißig. 1805 „inscribierte“ sich Rückert als Student der Rechtswissenschaft in Würzburg, besuchte auch tatsächlich juristische Lehrveranstaltungen, wandte sich aber sehr bald hauptsächlich dem Studium der Philologie, d.h. der klassischen Philologie, also Griechisch und Latein, zu. 1808 setzte er sein Studium in Heidelberg fort, vernachlässigte aber spätestens dort seine juristischen Studien völlig. Um dem Ziel einer akademischen Lehrtätigkeit näher zu kommen, siedelte Rückert nach Jena um, verfasste hier 1810 seine Dissertation „Dissertatio philologica-philosophica de idea philologiae“, in der es um die gegenseitige Bedingtheit von Philologie und Philosophie und eine Theorie der Entwicklung der Einzelsprachen von einer einzigen Ursprache ging.

1811 habilitierte sich Rückert in Jena, und er war auch von 1811 bis 1812 als Privatdozent an der dortigen Universität tätig, wo er Lehrveranstaltungen in griechischer und lateinischer Literatur abhielt.

Während seiner Zeit in Jena setzte sich Rückert mit dem Gedanken auseinander, unbelastet von einer beruflichen Tätigkeit seiner, wie er annahm, wirklichen Bestimmung, nämlich der des Literaten, näher zu kommen. Deswegen gab er seine Lehrtätigkeit in Jena auf und lebte bis 1815 an unterschiedlichen Orten in der Umgebung Coburgs und in Würzburg. Er verfasste zahlreiche Dramen, vor allem Komödien, über deren mangelnde künstlerische Qualität er sich selbst im Klaren war, und schrieb eine Vielzahl von Gedichten, so seine vaterländischen „Spott- und Ehrenlieder“ und, „Geharrnischte(n) Sonnette“ sowie die von eigener Betroffenheit gekennzeichneten Gedichtkomplexe „Agnes' Totenfeier“ und „Amaryllis“.

1815 trat Rückert die Stelle eines Redakteurs des Cottaschen „Morgenblatt(s) für gebildete Stände“ in Stuttgart an, die ihm materielle Sicherheit und die Freiheit zur literarischen Betätigung zu bieten schien. 1817 gab er seine journalistische Tätigkeit wegen Unstimmigkeiten mit Redaktionskollegen und dem Verleger auf und trat eine Reise nach Italien an, die ihn, oft auf den Spuren Goethes, bis nach Rom führte. Von dieser Reise erwartete sich Rückert neue Anregungen für seine weitere literarische Tätigkeit. Während der Reise entstanden einige „Italienische Gedichte“.

Auf der Rückreise von Italien blieb Rückert bis 1819 in Wien und widmete sich dort dem Studium der arabischen, persischen und türkischen Sprache und Literatur. Er kehrte dann zu seinen Eltern in die Nähe von Coburg zurück, wo er seine orientalischen Studien fortsetzte und erweiterte.

Rückert scheint ein Sprachgenie gewesen zu sein, das in nur sechs bis acht Wochen eine neue Sprache erlernen konnte. Seine Methode dabei war ebenso einfach und wirkungsvoll wie mühsam: er schrieb dicke Lehrbücher und Lexika ab, wie er selbst einmal schrieb,

„teils weil ich kein Geld habe es zu kaufen, teils um den ganzen Sprachschatz auf die kürzeste Art, wenn nicht ins Gedächtnis aufzunehmen, ... doch vor der Vorstellung vorübergehn zu lassen.“

Als seine philologischen Hauptstudien hat er einmal genannt:

„Griechische Bücher und deutsch, lateinische, slawische, welsche. Persische samt Sanskrit, Türkisch, Arabisches auch.“

Außerdem hat er noch folgende Sprachen erlernt:

Hebräisch, Syrisch, Aramäisch, Koptisch, Berberisch, Albanisch, Litauisch, Finnisch, Äthiopisch, Afghanisch, Altpersisch, Malaiisch, Armenisch, verschiedene südindische Sprachen, Englisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch.

Dazu existiert eine undatierte Anekdote:

Einmal kam im Juli ein Missionar zu Rückert mit der Bitte, ihn Talmulisch (eine südindische Sprache) zu lehren. Rückert sagte es ihm zu - aber erst für das Wintersemester: er musste bis dahin die Sprache selbst erst erlernen.

Neben seinen orientalischen Studien besorgte er die Redaktion eines regelmäßig erscheinenden „Frauentaschenbuch(s)“, was ihm eine gewisse materielle Unabhängigkeit gab.

In den Jahren 1819/20 stellte er unter dem Einfluss persischer Sprachstudien die Lyriksammlung „Östliche Rosen“ fertig, unter dem Eindruck der Bekanntschaft mit seiner späteren Frau den Gedichtkomplex „Liebesfrühling“. Nach seiner Eheschließung Ende 1821 übersiedelte er nach Coburg, wo er seine Sprachstudien fortsetzte, die ihm spätestens ab 1823 wichtiger als die literarische Produktion wurden. 1826 wurde Rückert schließlich zum Professor der Orientalistik an die Universität Erlangen berufen. Neben seiner Lehrtätigkeit übersetzte bzw. übertrug er vielfältige orientalische Dichtung ins Deutsche.

1836 bis 1839 gab er sein Hauptwerk „Die Weisheit des Brahmanen“ heraus, eigene Lyrik, die zwar in der Form von der orientalischen Literatur beeinflusst war, aber keine Übersetzung oder Nachdichtung ist. Bereits in den frühen dreißiger Jahren entstanden unter dem Eindruck des Todes zweier seiner Kinder die „Kindertotenlieder.“

1841 wurde Rückert zum Professor der orientalischen Sprachen nach Berlin berufen und gleichzeitig zum Geheimen Rat ernannt. Seine Veröffentlichungen waren im Wesentlichen auf das Gebiet der Orientalistik beschränkt. Einige erneute Versuche als Dramatiker schlugen wieder fehl.

Über Rückerts Aufenthalt in Berlin findet sich in der Vossischen Zeitung vom 09. 04. 1908 unter anderem die folgende Einschätzung von Rudolf Genée:

„Aber nicht nur zu der ländlichen Idylle Neuseß, sondern auch zu dem kleinen und stillen Erlangen stand damals schon Berlin in zu starkem Gegensatz, als dass der sinnige Poet, Sprachgelehrte und Naturfreund sich hätte wohlfühlen können. Das Schlimmste aber war, dass er ganz und gar nicht für die akademische Lehrtätigkeit geeignet war, indem er - wie seine nächsten Freunde zu ihrem Bedauern bezeugen mussten - in seinen Vorlesungen gänzlich vergaß, dass er eine Zuhörerschaft vor sich habe und mehr und mehr so leise vor sich hin sprach, als ob es kein Mensch zu hören brauchte. Die Folge davon war, dass sowohl im Hörsaal wie später in seiner Wohnung die Zahl seiner Hörer immer kleiner wurde. Rückert wohnte in Berlin anfänglich in der Schulgartenstraße, wie damals der Teil der jetzigen Königgrätzer Straße zwischen dem Brandenburger und Potsdamer Tor hieß. Einige Jahre später nahm er seine Wohnung in der Behrenstraße, an der Ecke der kleinen Mauerstraße. An freundschaftlichen Beziehungen und an Besuchen von außerhalb hat es ihm nicht gefehlt. Aber während ihm seine akademische Tätigkeit aus den angeführten Gründen keine Befriedigung gewähren konnte, waren ihm die Verhältnisse in dem öffentlichen und gesellschaftlichen Leben der großen Stadt in tiefster Seele antipathisch geworden.“

1848 wurde Rückert auf eigenen Wunsch pensioniert, und er zog sich auf seinen inzwischen erworbenen Landsitz Neuses bei Coburg zurück. Bis zu seinem Tod 1866 widmete er sich den orientalischen Sprachen, insbesondere der Übersetzung daraus. Erst 1887 erschien der von ihm ins Deutsche übersetzte und mit Anmerkungen versehene Koran.

Verfasst von Hartmut Hapke
10825 Berlin    Mettestr. 8    (03
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